passato presente im Helmhaus, Zürich
- Martina Nommsen
- 25. Mai
- 3 Min. Lesezeit
Wie durchzieht unsere Vergangenheit unsere Gegenwart? Können wir die Verflechtungen der Zeiten erkennen? Wie werden wir durch vergangene Momente beeinflusst?
Das Helmhaus in Zürich zeigt momentan die Ausstellung [il] passato [è] presente – übersetzt bedeutet dies in etwa: Das Vergangene bleibt an der Gegenwart haften.

Kuratiert von Nathalie Killias und Cristiana Contu versammelt die Ausstellung rund 13 Künstler:innen, deren Werke die Themen Vergangenheit und Gegenwart sowie resultierende spürbare Verflechtungen untersuchen.
Die Vergangenheit manifestiert sich in uns durch unser Erinnerungsvermögen. Erinnerungen und Erfahrungen lenken unsere Verhaltens- und Lebensweise, sind omnipräsent oder treten nur situativ auf.
Manchmal ist es ein Lied im Radio, manchmal der Hauch eines Parfums – und schon fallen wir zurück in eine von unseren Erinnerungen. Sie alle prägen uns und unsere Gesellschaft.
Wie gestalten sich die Möglichkeiten des Erinnerns? Hat die Erinnerung Grenzen oder ist sie imstande, alle Mauern zu überwinden? Wie gehen wir mit der Erinnerung um? Welche Erinnerungen wollen wir bewahren, welche loslassen? Und ist das überhaupt so einfach?
Die Ausstellung erstreckt sich über zwei Ebenen und nimmt die Besuchenden mit auf eine Reise durch verschiedene Erinnerungen und Momentaufnahmen. Der Weg führt durch den scheinbar leeren Raum 94% von Jos Näpflin, dessen eindrückliche Leere sich durch die schlichte Zurückhaltung umso lauter äussert.
Wir begegnen Marisa Cornejo, die in Grabados und La huella del sueño repetitiv die Erinnerung ihrer eigenen Körperlichkeit auf Papier bannt und so seine flüchtige Form für die Ewigkeit inszeniert.

In Reih und Glied begegnen uns in 10 Windows on a Tree zehn Holz-gerahmte Fensterscheiben, die von Jonathan Steiger aus verschiedenen Schweizer Regionen zusammengetragen wurden. Und mit ihnen versammelte er zugleich die Erinnerungen ihrer Bewohner:innen und die Momentaufnahmen, die durch das Glas beidseitig erfahren wurden, verwahrt nun innerhalb ihrer hölzernen Begrenzung.
Der intime Protest Quilt von Johanna Müller beschäftigt sich mit den problematischen Verschärfungen innerhalb der französischen Migrationspolitik. Eingewebt in den Fasern ihres Patchwork-Quilts sind ihre persönlichen Erfahrungen – sie und ihr Partner waren gezwungen, ihre eigene Beziehung vor der Politik zu rechtfertigen, um eine Ausweisung zu umgehen. So betrachten wir auf den verschiedenen Quadraten des Textils verblasste Fotografien, lesen Auszüge aus privaten Chatverläufen und erfahren emotionale Momente und Gedanken. Erweitert wird diese Ebene durch den am Boden angebrachten Spiegel, der die unsichtbaren Texte der bestickten Unterseite des Stoffes offenbart.
Am eindrücklichsten für mich persönlich war die Arbeit pearls of pain von Olivia Wiederkehr, die in ihrer flüchtigen Skizzenhaftigkeit mit fragiler Intimität die wesentlichen Elemente des Seins zusammenträgt. Mit ihrer persönlichen und pointierten Akzentuiertheit zeigt sie uns ungeschönt den Weg zu einer besseren Gesellschaft mit Akzeptanz, Toleranz, Nächstenliebe und Selbstfürsorge.
Die Ausstellung läuft noch bis zum 9. Juni 2025 und ihr habt in den kommenden Wochen noch mehrmals die Möglichkeit, an dem vielfältigen Vermittlungsprogramm des Helmhaus teilzunehmen.
Die Ausstellung wurde kuratiert von:
Künstler:innen:
Marisa Cornejo, Pascale Eiberle, Esther Ernst, Mark Formanek, Michel Gilgen, Johanna Müller, Jos Näpflin, Lea Schaffner, Jonathan Steiger, Sabine Troendle, Franz Wanner, Olivia Wiederkehr, Uwe Wittwer
11.4.-9.6.2025
Limmatquai 31
8001 Zürich
(Noch) ein kleiner Geheimtipp:
Mitten im Stadtzentrum liegt das Helmhaus – ein Kulturbetrieb in einem historischen Gebäude über der Wasserkirche, geführt von der Stadt Zürich.
Der Fokus liegt verstärkt auf lokaler und aktueller Zürcher Kunst.
Zwischen 4 bis 5 Ausstellungen präsentiert das Helmhaus jährlich, mit Werken von 100 bis 150 Kunstschaffenden, und konzentriert sich in der Arbeit auf alle künstlerischen Medien. So werden Gemälde, Skulpturen, Fotografien, Videos und weitere Medienarten interdisziplinär ausgestellt.
Das Spannende? Die Ausstellungen konzentrieren sich immer auf ein Thema, das sich mit aktuellen und zukünftigen Herausforderungen der Gesellschaft auseinandersetzt. Und das zeigt sich in den Arbeiten der Kunstschaffenden, die oftmals explizit für die Ausstellungen im Helmhaus angefertigt wurden.
Was ich persönlich wichtig finde, ist die Politik des Hauses und ich zitiere hier direkt von der Homepage des Helmhaus: «Für das Helmhaus ist Kunst ein Instrument, das man mit den Sinnen und dem Geist erleben kann. Mit Kunst kann man: Zusammenhänge erkennen, eigene Denkweisen hinterfragen, die Möglichkeiten jedes einzelnen Menschen aufzeigen, Menschen dazu ermutigen, diese Möglichkeiten zu nutzen. Nicht nur im Programm, sondern auch beim Personal und im Publikum fördert das Helmhaus den Austausch zwischen unterschiedlichen Menschen. Zum Beispiel unterschiedlich in Bezug auf Geschlecht, Alter, Kultur und Herkunft sowie körperliche und geistige Möglichkeiten. So will das Helmhaus den Zusammenhalt der Menschen in der Gesellschaft stärken.»
Das kann man doch direkt so stehen lassen.
Das Helmhaus findet ihr am Limmatquai 31 in 8001 Zürich.
Montags geschlossen,
Di-So 11-18 Uhr
Do 11-20 Uhr
Der Eintritt ist immer FREI!





















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