Geniale Frauen. Künstlerinnen und ihre Weggefährten, Kunstmuseum Basel
- Martina Nommsen
- 30. Apr. 2024
- 3 Min. Lesezeit

Ja, wo ist sie denn nun? Auf der Suche nach der aktuellen Ausstellung Geniale Frauen. Künstlerinnen und ihre Weggefährten im Kunstmuseum Basel streife ich an diesem Sonntag durch den Hauptbau.
Mein Besuch des Kunstmuseums und explizit dieser Ausstellung ist mit sehr hohen Erwartungen verknüpft.
Das Bucerius Kunst Forum in Hamburg präsentierte diese Ausstellung im Vorfeld vom 14.10.2023 bis 28.1.2024 und berichtete zugleich in einer umfassenden Präsenz sowohl visuell als auch textbasiert auf den sozialen Medien darüber.
Auch der bekannte Podcast Die Leichtigkeit der Kunst von Claudia Linzel widmet eine Folge dieser phänomenalen Ausstellung und offeriert ein Interview mit der Kuratorin des Bucerius Kunst Forum Dr. Katrin Dyballa (HIER zum Reinhören).
Warum? Die Sichtbarkeit von Frauen in der Kunst- und Kulturwelt ist thematisch so aktuell wie nie. Endlich! Vermehrt greifen Ausstellungen und Publikationen, Podcasts und die sozialen Medien dieses Topic auf. «Why have there been no women artists?» fragte schon Linda Nochlin in ihrer 1971 veröffentlichten Publikation. Dabei gab es immer schon weibliche Kunst- und Kulturschaffende. Sie wurden nur über Jahrhunderte hinweg durch die männlich dominierte Gesellschaft in den Hintergrund gedrängt. Die Ausstellung Geniale Frauen. Künstlerinnen und ihre Weggefährten wirbt damit, Frauen aus der Unsichtbarkeit des Kunstbetriebes herauszulösen und ihnen endlich den Raum zur Verfügung zu stellen, der ihnen zusteht.
Entsprechend erwartete ich von einer grossen Institution wie des Kunstmuseum Basel eine exzellent umgesetzte Ausstellungspräsentation. Allerdings entdecke ich die Ausstellungsüberschrift leider nur über der gläsernen Flügeltür, die in das Seitenkabinett im Erdgeschoss führt. Daneben positioniert sich ein kleiner Tisch mit ausgewählter Literatur zum Thema Feminismus und Frauen in der Kunst, leider ohne Berücksichtigung wirklich aktueller Publikationen, wie zum Beispiel Martina Clavadetschers Vor aller Augen (Rezension folgt).
Die Ausstellung erstreckt sich im Seitenkabinett über mehrere Räume. Nach den visuell starken und vor allem farbigen Impressionen aus dem Bucerius Kunst Forum ist der erste Eindruck der jetzigen Präsentation eher ernüchternd. Auf weissen Wänden hängen die Werke teils dicht an dicht, ringen nach Luft neben schmalen Wandtexten, auf denen oberflächige Informationen bereitstehen. Englische Übersetzungen? Bitte nur über QR-Code – der Platz ist beschränkt.

Natürlich versammelt die Ausstellung namhafte Künstlerinnen wie Angelika Kauffmann (1741-1807), Elisabetta Sirani (1638-1665) und Lavinia Fontana (1552-1614). Fontanas Werk Geburt Christi bei Nacht spricht jedoch nicht alleinstehend für sich, sondern hängt direkt neben einem Werk ihres Vaters. Nicht, dass wir die Relation der Künstlerin zur Kunst übersehen. Vielleicht möchten die Kurator*innen an dieser Stelle auf den Sachverhalt aufmerksam machen, dass viele Künstlerinnen aus einer Künstlerfamilie stammten oder in eine hineinheirateten. Viele arbeiteten ihren Vätern, Brüdern und Ehemännern zu und agierten im Verborgenen. Nur wenigen, darunter Angelika Kaufmann, gelang der Durchbruch als eigenständige Künstlerin entgegen den zeitgenössischen, gesellschaftlichen Strukturen.

Apropos Ausstellungstexte – diese flattern wie leichte Banner dezent durch die Kabinetträume.
Schmale Streifen, die sich allein durch die farbigen Überschriften und kolorierten Künstlerinnennamen von dem tristen Hintergrund abheben. Inhaltlich fokussiert auf wenige Künstlerinnen und deren Erfolge, wären meiner Meinung nach auch allgemeinere Informationen hinsichtlich der zeitgenössischen Rezeption und den Schwierigkeiten innerhalb des Kunstbetriebes spannend gewesen.
Was bei mir nach diesem Ausstellungsbesuch hängen bleibt, ist ein fader Nachgeschmack; die bittere Empfindung einer lieblosen Kuration eines immens wichtigen Themas. Eine situativ an den Rand verlagerte Präsentation, die zumindest damit den inhaltlichen Aspekt der weiblichen Verdrängung aufgreift. Natürlich – der jetzige Hauptgast des Kunstmuseums ist nämlich der männliche Künstler Dan Flavin, der mit seinen Lichtinstallationen visuell stärkeres Werbematerial und dadurch ein grösseres Publikum verspricht.
Schade – denn mit dieser Art der Präsentation positioniert sich das Kunstmuseum Basel Seite an Seite mit der tradierten Geschlechterverteilung. Das Weibliche wird wiederholt an die Seite gedrängt, damit das Männliche ins rechte Licht gerückt werden kann.
Geniale Frauen. Künstlerinnen und ihre Weggefährten, Kunstmuseum Basel
2.3.-30.6.2024
Zur Ausstellung im Kunstmuseum Basel
Zum Ausstellungsrückblick im Bucerius Kunst Forum
Es handelt sich um einen unbezahlten, unabhängigen Beitrag und die Wiedergabe meiner persönlichen Meinung.


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